Ein­bli­cke in die Schneiderei

Juli 2025

Zwei Prak­ti­ka in Österreich


Hi, wir sind Jes­si und Emy und machen unse­re Aus­bil­dung am Badi­schen Staats­thea­ter in Karls­ru­he zur Maß­schnei­de­rin Fach­rich­tung Damen (Jes­si) und Her­ren (Emy). Zu Beginn unse­res zwei­ten Lehr­jah­res hat­ten wir die Mög­lich­keit, ein vier­wö­chi­ges Aus­lands­prak­ti­kum in Öster­reich zu machen. Jes­si zog es in ein 2 000-Ein­woh­ner­dorf in die Ber­ge und Emy in die 2 000 000-Stadt Wien. Um zu ver­deut­li­chen, wie unter­schied­lich ein Prak­ti­kum im glei­chen Land, zur glei­chen Zeit, im glei­chen Berufs­feld sein kann, haben wir einen Ver­gleich aufgestellt. 

Emys Prak­ti­kum bei Art for Art

Mein Prak­ti­kum habe ich bei Art for Art gemacht. Dort wer­den, unter ande­rem, die Kos­tü­me für die Wie­ner Staats­oper, die Volks­oper und das Aka­de­mie- und das Burg­thea­ter gemacht. Aber die Auf­trä­ge kom­men auch aus ganz Euro­pa. Ins­ge­samt arbei­ten bei Art for Art knapp 400 Men­schen, auch in den Berei­chen der Deko­ra­ti­ons­werk­stät­ten, Kos­tüm­fun­dus, Kulis­sen­la­ger, Logis­tik, Kun­den­in­for­ma­ti­on und Kar­ten­ver­trieb. Wäh­rend mei­nes Prak­ti­kums habe ich vie­le unter­schied­li­che Arbei­ten machen dür­fen. Von Ände­run­gen bis zu Neu­an­fer­ti­gun­gen für das Nest (die neue Wie­ner Staats­oper für Kin­der und Jugend­li­che), war alles dabei. Ich habe Anzü­ge für Lili­om (Burg­thea­ter) geän­dert, Namens­schil­der und klei­ne­re Ände­run­gen für das Wei­ße Rössl (Volks­oper) und die Län­gen und Krä­gen an eini­gen Kaf­tanen für das Weih­nachts­bal­lett Winter’s Tale staf­fiert. Mit den ande­ren Aus­zu­bil­den­den dort habe ich eini­ge Tage an Män­teln für die Oper Tann­häu­ser gear­bei­tet. Zum Ende mei­nes Prak­ti­kums habe ich auch die Hose für Peter (in Peter und der Wolf im Nest) nähen dür­fen und das Sak­ko des Groß­va­ters für die glei­che Pro­duk­ti­on. Ich fand mein Prak­ti­kum rich­tig toll! Ich habe nicht nur neue Men­schen ken­nen­ge­lernt, son­dern auch neue Ver­ar­bei­tungs­tech­ni­ken. Das Ver­trau­en in mich selbst und mei­ne eige­nen Fähig­kei­ten ist gewach­sen und ich kann es nur allen emp­feh­len ein Prak­ti­kum zu machen, wenn man die Mög­lich­keit dazu hat. 

Emi­glia Erben

Jes­sis Prak­ti­kum in der klei­nen Schneiderei

Über Insta­gram wur­de ich auf die klei­ne Schnei­de­rei von Bar­ba­ra Pfis­ter im Zil­ler­tal auf­merk­sam. Nach einem kur­zen Tele­fo­nat war die Kat­ze im Sack und dem Prak­ti­kum stand nichts mehr im Wege. Aber eine Schnei­de­rei irgend­wo am Ende der Welt? Wer kommt denn da hin? Tra­di­ti­on wird in Öster­reich groß­ge­schrie­ben und dazu gehö­ren nun mal Trach­ten. Wer also ein per­fekt pas­sen­des Dirndl, Röckl oder eine Sonn­tags­tracht möch­te, braucht eine gute Schnei­de­rin. Da nimmt man ger­ne auch mal eine etwas län­ge­re Anfahrt in Kauf. Zu Beginn durf­te ich eini­ge Repa­ra­tu­ren und Ände­run­gen machen. Natür­lich durf­te ich auch bei der Maß­an­fer­ti­gung von Trach­ten mit­hel­fen. Hier konn­te ich ver­schie­de­ne Ver­ar­bei­tungs­tech­ni­ken erler­nen. Bei den Anpro­ben konn­ten wir dann direkt sehen, ob alles so passt, wie es soll. Wäh­rend mei­ner Zeit in Tux durf­te ich sogar mein eige­nes Dirndl nähen. Dafür muss­ten wir mich zuerst ver­mes­sen, ich durf­te den Schnitt selbst zeich­nen, wir bestell­ten Stoff, schnit­ten alles zu und dann konn­te ans Nähen gehen. Abge­run­det habe ich das Gan­ze mit dem Knopf­ver­schluss in der vor­de­ren Mit­te, der dank der per­fek­ten Mus­ter­fort­füh­rung kaum zu sehen ist.  Die Zeit im Zil­ler­tal war eine gro­ße Berei­che­rung für mich. Ich konn­te viel Neu­es ler­nen und mein Selbst­be­wusst­sein stär­ken. Zu sehen, wie die Pla­nung in einem Ate­lier ablau­fen kann, war sehr interessant.

Jes­si­ca Farrenkopf