Ein Interview mit Ben Bohnert

Unter der Leitung von Rapper und Schulsozialarbeiter Ben Bohnert haben 8 Schülerinnen der BFD (Dorina, Evelin, Lino, Maria, Mariia, Melissa, Olesia, Viktoriia) in einem 1‑tägigen Rap-Workshop einen Song erarbeitet und ein Video dazu gedreht. Das Video kann man sich auf dem Insta-Account der BFD anschauen. In dem folgenden Interview gibt uns Ben Bohnert einen kleinen Einblick in sein Leben und seine Arbeit.
Wie bist du zum Rap, zum Sprechgesang gekommen?
Alles begann in meiner Schulzeit, ca. 1997, in Bremen. Ich fand es sofort cool, als ich das erste Mal Rap gehört habe. Als Schlagzeuger war ich schon ein bisschen musikalisch und dann ging es auch recht schnell, dass ich und ein Kumpel die Idee hatten, selbst Texte zu schreiben. Wir haben mit einem analogen Schlagzeug, mit einem Bass und mit irgendwelchen Instrumenten einen eigenen Beat gebaut und das Ganze mit einem alten Vier-Spur-Kassetten-Deck aufgenommen. So hat das Ganze dann irgendwie im Kinderzimmer begonnen, bis wir dann eines Tages, ca. 1999, das erste Mal bei einer Hip-Hop-Jam auf der Bühne standen. Das war ein echter Meilenstein und im Vergleich zu den anderen Rappern zum Teil frustrierend, aber wir wurden total ermutigt, weitere Schritte zu gehen.
Hip-Hop? Rap? Was ist das eigentlich?
Rap ist ja in erster Linie der Sprechgesang. Also das rhythmisch gesprochene Wort auf einen Beat. Oder man kann auch sagen, Poesie auf Beats. Hip-Hop selbst beschreibt die Community, die ganze Szene. Also Hip-Hop ist Rap, Breakdance, DJ, Beatbox, Graffiti. Das sind so die ganzen Bereiche, die Hip-Hop umfassen.
Warum, glaubst du, könnte Hip-Hop sinnvoll für den Kontext Schule sein?
Also ich finde Rap, Hip-Hop ist ja nach wie vor die weltweit größte Kulturbewegung und wird einfach von unheimlich vielen Leuten gehört. Rap ist ein Sprachrohr und hat einen ziemlich politischen Charakter. Rap hat seinen Ursprung im Getto, in der Bronx, und war eine Stimme von Leuten, die sozial einen einfachen Stand hatten. So wurde Rap zu einer starken „Stimme“, die über New York hinaus in die Welt ging — eine Stimme die es auch heute Jugendlichen ermöglicht sich auszudrücken, sich mitzuteilen — verknüpft mit einem Beat können sie ihre Emotionen in Form von Kunst, von Sprechgesang, von Poesie in etwas völlig Neues verwandeln.
Wie ist deine Perspektive als Schreibtherapeut auf Rap?
In der Schreibtherapie geht es genau darum, dass man durch das Schreiben an die Dinge herankommt, die in jemandem verborgen sind, über die man vielleicht ganz schwer sprechen kann. Und ich mag diesen Spruch, „In der Kunst ist das Herz frei.“ Im Schreiben finden wir Zugang zu unseren Gefühlen, den wir vielleicht beim Reden gar nicht so gut haben. Darin sehe ich einfach ein enormes Potenzial, dass Jugendliche durch Poesie, Rap etwas zur „Sprache“ bringen, was sonst nicht möglich wäre.
Welchen Impuls glaubst du, konntest du in der BFD bei uns setzen?
Was mich generell in Schulklassen immer wieder total begeistert ist zu sehen, wie sich die Kids ausprobieren und ihre eigene Musikalität entdecken. Zu beobachten welche Werte in den Schülerinnen schlummern, was für Ideen, Wünsche oder Träume sie haben. Plötzlich erleben Sie ja selbst was sie bewegt. Sie haben es aufgenommen, sie haben es auf dem Ohr. „Das habe ich geschrieben. Das kommt aus mir heraus. Das ist ein Wert, den ich aus mir herausgezogen habe.“ Und genau das habe ich eben bei
den Schülern der BFD auch gesehen. Mit ihrem Rap „Gegen Gewalt im Netz“ haben sie etwas greifbar und spürbar gemacht. Und das ist für mich ein ganz wertvoller Schatz.
Andreas Lorenschat