Die gro­ße Baustelle

Jul 2022

Umbau 2020–23 – ein Gespräch mit den Machern

Gesprächs­part­ner von links nach rechts: Dr. Karen Vei­helm­ann, Anke Zan­der (bei­de: BfB · Büro für Bau­kon­struk­tio­nen), Joa­chim Spatz (Schul­lei­ter), Ina Haupt­mann (Amt für Hoch­bau und Gebäu­de­wirt­schaft), Anto­nio Cina (Fa. Stie­britz), Micha­el Elsä­ßer-Tasch­ke (Fa. Ben­der + Urich)

Der Umbau der Carl-Hofer-Schu­le begann im Jahr 2020 und wird vor­aus­sicht­lich im Juli 2023 abge­schlos­sen sein. Die Bau­maß­nah­me umfasst im Innen­be­reich den Aus­tausch der abge­häng­ten Decken aller Unter­richts­räu­me mit deut­lich ver­bes­ser­ter Akus­tik inklu­si­ve einer neu­en Beleuch­tung. Mit der Maß­nah­me ver­bun­den sind eine kom­plet­te Elek­tro-Neu­ver­ka­be­lung der Räu­me inklu­si­ve der Aus­stat­tung der Räu­me mit moderns­ter Prä­sen­ta­ti­ons­tech­nik sowie der Mög­lich­keit, Durch­sa­gen in alle Räu­me vor­neh­men zu kön­nen. Abge­run­det wird die Maß­nah­me durch den Kom­plett­an­strich aller Wand- und Decken­flä­chen bis hin zur his­to­ri­schen Ver­tä­fe­lung nebst Arbei­ten an den Fas­sa­den­flä­chen (Natur­stein­ar­bei­ten, Maler­ar­bei­ten, Son­nen­schutz). Die Inves­ti­ti­on des Schul­trä­gers  wird nach Abschluss aller Arbei­ten vor­aus­sicht­lich 6,5 Mio Euro betragen.

Der Gemein­de­rat der Stadt Karls­ru­he hat für die Sanie­rung unse­rer Schu­le, wie auch für ande­re Schu­len im Stadt­kreis hohe Gel­der bewil­ligt – was ver­spricht sich die Stadt von die­ser Investition?

Haupt­mann: Zuerst ein­mal han­delt es sich um eine Inves­ti­ti­on in die Zukunft eines sol­chen Gebäu­des. Mit den durch­ge­führ­ten Maß­nah­men wer­den die Räu­me deut­lich auf­ge­wer­tet – die Akus­tik und die Beleuch­tung sind in den Räu­men nun auf dem aktu­el­len Stand. Die neu­en Prä­sen­ta­ti­ons­mög­lich­kei­ten unter­stüt­zen einen moder­nen Unter­richt. Gleich­zei­tig ver­rin­gern sich die Kos­ten für Bau­un­ter­halt und Ener­gie, da die neue Beleuch­tung deut­lich weni­ger Strom ver­braucht – und das passt zu unse­rer Stadt, die sich nach­hal­ti­ges Bau­en und somit auch Wirt­schaf­ten auf die Fah­nen geschrie­ben hat.

Der Gemein­de­rat ent­schei­det über die Durch­füh­rung einer sol­chen Bau­maß­nah­me. Wie wird in sol­chen Fäl­len der Gemein­de­rat vor der Ent­schei­dung informiert?

Haupt­mann: Vor jeder Inves­ti­ti­on in einer sol­chen Grö­ßen­ord­nung gibt es sei­tens des HGW [Amt für Hoch­bau und Gebäu­de­wirt­schaft] aus­führ­li­che Son­die­run­gen. Anfra­gen für Bau­maß­nah­men kom­men in der Regel von unse­rem Amt selbst oder vom Schul- und Sport­amt, als Trä­ger der Schu­len. Der Pro­jekt­ein­gang wird dann vom HGW bewer­tet, Vor­un­ter­su­chun­gen über Mach­bar­keit und Kos­ten wer­den erstellt. Nach Abstim­mung mit den Dezer­na­ten wird das Pro­jekt dem Gemein­de­rat zur Ent­schei­dung vor­ge­legt. Da es sich bei Bau­maß­nah­men in der Regel um hohe Inves­ti­ti­ons­sum­men han­delt, müs­sen die­se vor­her in den jewei­li­gen Haus­hal­ten ange­mel­det und geneh­migt wer­den. Vom Antrag bis zur Frei­ga­be durch den Gemein­de­rat und gege­be­nen­falls des Bau­aus­schus­ses kön­nen meh­re­re Jah­re ver­ge­hen. Bei die­sem Bau­vor­ha­ben datier­ten die ers­ten Über­le­gun­gen aus dem Jahr 2013.

Unser Gebäu­de steht unter Denk­mal­schutz und damit unter der Auf­sicht des Denk­mal­amts. Wel­che Aus­wir­kun­gen hat­te dies bei der Baumaßnahme? 

Vei­helm­ann: Da bereits Bau­maß­nah­men in den 70er und 80er Jah­ren statt­ge­fun­den hat­ten und da bereits gro­ße Ein­grif­fe ins­be­son­de­re in die Decken statt­ge­fun­den hat­ten – und dort der haupt­säch­li­che Ein­griff in die Sub­stanz statt­fand – war dies zum Glück kein gro­ßes Pro­blem. Schwie­ri­ger war die Suche nach der ursprüng­li­chen Farb­ge­bung. Hier wur­de eine Farb-Befun­dung von einem Restau­ra­tor durch­ge­führt, auf deren Grund­la­ge dann die Ent­schei­dung über die farb­li­che Aus­ge­stal­tung getrof­fen wur­de. Für die Befun­dung wird mit einem Skal­pell am Putz gekratzt, um alte Farb­schich­ten zum Vor­schein zu brin­gen. Nach der Sich­tung der Fun­de wer­den die­se unter­sucht und die ursprüng­li­che Farb­ge­bung zusam­men­ge­stellt. Aus die­sen Unter­su­chun­gen wird ein Farb­vor­schlag ent­wi­ckelt, der sich an der Ana­ly­se und an der Nut­zung orientiert. 

Wel­ches waren rück­bli­ckend die größ­ten pla­ne­ri­schen Her­aus­for­de­run­gen bei unse­rem über 100 Jah­re alten Gebäude?

Vei­helm­ann: Bau­en im Bestand ist ganz anders als das Bau­en auf der grü­nen Wie­se – da muss man sich immer mit den Gege­ben­hei­ten vor Ort aus­ein­an­der­set­zen und es erge­ben sich Zwän­ge, die man ein­fach akzep­tie­ren muss. Um es an einem Bei­spiel fest­zu­ma­chen: Im Neu­bau wird der gesam­te Decken­auf­bau mit Beton­de­cke und der abge­häng­ten Decke  zusam­men geplant – im Bestand muss geschaut wer­den, ob und wie die abge­häng­te Decke an der vor­han­de­nen Decke über­haupt befes­tigt wer­den kann und wel­ches Sys­tem in Fra­ge kommt. Hier spie­len  auch Fra­gen der Sta­tik und des Brand­schut­zes eine wich­ti­ge Rolle.

Elsä­ßer-Tasch­ke: Das Ver­le­gen von Kabeln von einem Raum in den ande­ren ist auch so ein The­ma. Man kann die Kabel ja nicht ein­fach in den Flur ver­le­gen – aus opti­schen Grün­den geht das nicht und aus Brand­schutz­grün­den schon gar nicht – und so ist man bei Bestands­ge­bäu­den immer auf der Suche nach Mög­lich­kei­ten. Bei Neu­bau­ten wird alles gleich mit­ge­plant – da gibt es dann die ent­spre­chen­den Schäch­te und Kanä­le. Einem his­to­ri­schen Gebäu­de wie Ihrem eine moder­ne Infra­struk­tur ein­zu­bau­en, ist eine gro­ße Herausforderung.

Wie wer­den gene­rell die aus­füh­ren­den Fir­men gefun­den? Gibt es da einen Stamm von Hand­wer­kern, der die Auf­trä­ge auto­ma­tisch bekommt?

Haupt­mann: Grund­sätz­lich müs­sen grö­ße­re Bau­leis­tun­gen aus­ge­schrie­ben wer­den. Da gibt es sehr strik­te Vor­ga­ben. So wer­den im Vor­feld die Leis­tun­gen in einem soge­nann­ten Leis­tungs­ver­zeich­nis zusam­men­ge­stellt und Fir­men erhal­ten gemäß dem öffent­li­chen Ver­ga­be­recht die Mög­lich­keit ein Ange­bot dafür abzu­ge­ben. Ent­spre­chend den gesetz­lich gere­gel­ten Vor­ga­ben wer­den dann die Leis­tun­gen ver­ge­ben. Fest­ge­legt sind dann von vor­ne­her­ein die Prei­se, die eine bestimm­te Leis­tung kos­tet und bis wann die­se zu erbrin­gen ist. Bei Groß­pro­jek­ten hat man kei­nen Ein­fluss, wer den Auf­trag bekommt – und das ist nicht immer schön. Wenn die Auf­trag­neh­mer dann z. B. von wei­ter ent­fernt kom­men, kann es bei der Behe­bung von Män­geln schon zu Pro­ble­men kom­men. Bei Ihrem Fall hat­ten wir jedoch Glück – da haben die Ter­mi­ne und die erbrach­te Leis­tung gepasst.

Bei gerin­ge­ren Bau­sum­men – also ins­be­son­de­re beim Bau­un­ter­halt – hat die Stadt Rah­men­ver­trä­ge mit Hand­wer­kern geschlos­sen, die dann frei­hän­dig ohne vor­he­ri­ge Aus­schrei­bung beauf­tragt wer­den. Dies gilt aber ledig­lich bei gerin­gen Auf­trags­sum­men, wenn bestimm­te Schwel­len­wer­te unter­schrit­ten werden.

Damit sich die Fir­men auf der Bau­stel­le nicht im Weg ste­hen und die Bau­ab­läu­fe kor­rekt erfol­gen, bedarf es einer detail­lier­ten Pla­nung. Wer ist hier­für ver­ant­wort­lich und von wem wer­den die­se dann auf der Bau­stel­le koordiniert?

Zan­der: Ver­ant­wort­lich für die gesam­te Koor­di­na­ti­on ist das Pla­nungs­bü­ro. In einem Über­sichts­plan – dem Bau­ab­lauf­plan – wer­den Bau­maß­nah­men mit den jeweils erfor­der­li­chen Bau­zei­ten dar­ge­stellt. Die­ser Plan wird vor dem Start der Bau­maß­nah­me erstellt und ist für die Fir­men ver­bind­lich. Kon­trol­liert wird das dann von der Bau­lei­tung – in die­sem Fal­le von mir. Bei man­chen Bau­vor­ha­ben wer­den in den Ver­trag auch Kon­ven­tio­nal­stra­fen rein­ge­schrie­ben, um die Bau­zei­ten abzu­si­chern. Hier muss­te das nicht gemacht wer­den – der Bau­ab­lauf hat an Ihrer Schu­le wirk­lich gut funktioniert.

Eine Bau­stel­le an einer Schu­le ist ja nicht wie jede ande­re Bau­stel­le – wo lie­gen da die beson­de­ren Schwierigkeiten?

Zan­der: Die beson­de­re Her­aus­for­de­rung an die­ser Bau­stel­le – noch sind wir ja nicht fer­tig – besteht dar­in, dass wei­ter­hin Unter­richt statt­fin­det. Beson­ders hei­kel wird das in den Zei­ten von Prü­fun­gen, an denen die Schü­ler nicht gestört wer­den dür­fen. Nicht zu ver­ges­sen der Staub, Schmutz und alle Belan­ge des Arbeitsschutzes.

Vei­helm­ann: Auch aus die­sen Grün­den hat man sich zu Beginn der Pla­nun­gen für eine ver­ti­ka­le Tren­nung der Bau­ab­schnit­te ent­schie­den. Am kom­pli­zier­tes­ten war das natür­lich im 2. Bau­ab­schnitt, der die Schu­le räum­lich in drei Tei­le trennte. 

Die größ­te Her­aus­for­de­rung bei den Elek­tro­ar­bei­ten stell­te bei unse­rem Gebäu­de ja wohl die Neu­ver­ka­be­lung dar. Wie sieht die neue Archi­tek­tur nun aus – und wie leis­tungs­fä­hig ist das System?

Elsä­ßer-Tasch­ke: Stark ver­ein­facht kann man sich das jetzt so vor­stel­len: Die ver­schie­de­nen Ser­ver im Haus sind über Licht­wel­len­lei­ter mit­ein­an­der ver­bun­den und die Abzwei­ge in die Unter­richts­räu­me wur­den mit Kup­fer­lei­tun­gen aus­ge­führt. Kup­fer­lei­tun­gen sind auf den letz­ten Metern voll­kom­men aus­rei­chend und auch weni­ger stör­an­fäl­lig. In Zei­ten der Digi­ta­li­sie­rung wird das Vor­hal­ten eines funk­tio­nie­ren­den WLAN ja immer wich­ti­ger. Heut­zu­ta­ge gibt es kaum mehr End­ge­rä­te mit kabel­ge­bun­de­ner Netz­werk­ver­sor­gung, daher ist die flä­chen­de­cken­de Ver­sor­gung mit WLAN heu­te so wich­tig. Nach Abschluss der Arbei­ten im Unter­ge­schoss (ab Juli 2022, Abschluss Juli 2023, die Red.) und der Ein­bin­dung wei­te­rer Ver­bin­dungs­stre­cken wird Ihr Netz so leis­tungs­stark sein, dass alle Schü­ler und Leh­rer gleich­zei­tig im Netz sein können.

Coro­na war für uns alle eine gro­ße Her­aus­for­de­rung – wel­chen Ein­fluss hat­te die Pan­de­mie auf die täg­li­che Arbeit der Mit­ar­bei­ter vor Ort?

Cina: Coro­na stell­te uns ins­be­son­de­re am Anfang – im Früh­jahr 2020 – vor gro­ße Pro­ble­me. Man wuss­te nur sehr wenig über die Krank­heit, die Nach­rich­ten im Fern­se­hen beru­hig­ten einen nicht wirk­lich und damals gab es ja auch noch kei­nen Impf­stoff. Da haben sich mei­ne Mit­ar­bei­ter schon gro­ße Sor­gen gemacht. Aber wir Kol­le­gen ken­nen uns gut und konn­ten uns ver­trau­en – das hat schon gehol­fen. Mit der Zeit wur­de es dann bes­ser und wir hat­ten den gro­ßen Vor­teil, dass die Mit­ar­bei­ter wegen des gro­ßen Schul­ge­bäu­des gut ver­teilt wer­den konn­ten. Dann war der Impf­stoff da und ver­schaff­te uns eine gewis­se Sicherheit.

Ein wei­te­res Pro­blem stellt der der­zei­ti­ge Krieg in der Ukrai­ne dar – wel­che Aus­wir­kun­gen hat wie­der­um dies auf die Baustelle?

Elsä­ßer-Tasch­ke: Da hat­ten wir das Glück, dass bereits vor die­sen Ereig­nis­sen alle Mate­ria­li­en und Gerät­schaf­ten bestellt und größ­ten­teils gelie­fert waren. Sonst hät­ten wir da ver­mut­lich Pro­ble­me bekommen. 

Vei­helm­ann: Nicht klar ist, woher die­se Lie­fer­eng­päs­se stam­men. Ist es der Krieg in der Ukrai­ne oder sind es Nach­wir­kun­gen von Coro­na? Aber wie schon gesagt, hat­ten wir da wirk­lich Glück.

Haupt­mann: Bei Ver­trä­gen, die der­zeit geschlos­sen wer­den, wer­den ‚Stoff­preis­gleit­klau­seln‘ ein­ge­setzt, die eine nach­träg­li­che Anpas­sung von Bau­stoffpreisen ermög­li­chen. Wenn wir das nicht täten, bekä­men wir weni­ge bis gar kei­ne Ange­bo­te mehr, denn kein Unter­neh­mer will in die Glas­ku­gel schau­en und das Risi­ko von explo­die­ren­den Bau­stoff­prei­sen übernehmen.

Wir haben in der Schu­le ja ganz unter­schied­li­che Räu­me: Klas­sen­zim­mer, Werk­stät­ten für ver­schie­dens­te Beru­fe, Com­pu­ter­räu­me – nun den neu­en Natur­wis­sen­schaft­li­chen Fach­raum – wel­ches waren die kom­pli­zier­tes­ten Räume?

Vei­helm­ann: Das kann man gene­rell gar nicht so sagen. Schwie­rig waren  Räu­me, in denen Ein­bau­ten vor­han­den sind, die nicht aus­ge­la­gert wer­den konn­ten. Denn dort war das Stel­len der Gerüs­te sehr aufwändig. 

Elsä­ßer-Tasch­ke: Auch das Ver­fah­ren der Lei­tun­gen in Räu­men mit Holz­ver­tä­fe­lun­gen. Es war ein­fach grund­sätz­lich schwie­rig, so viel neue Tech­nik in ein so altes, his­to­ri­sches Gebäu­de adäquat einzubauen.

Was wün­schen Sie der Schule?

Alle im Chor: Wir wün­schen der Schu­le, dass die tol­len tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten, die jetzt bestehen auch genutzt wer­den und pfleg­lich mit dem Mate­ri­al umge­gan­gen wird. Und dass noch vie­le Jah­re für die­se schö­nen gestal­te­ri­schen Beru­fe Aus­zu­bil­den­de gefun­den werden!

Ich dan­ke Ihnen für das Gespräch.

Die Fra­gen stell­te Schul­lei­ter Joa­chim Spatz.