Gabrie­le Becker von „Blick­punkt“ in der Carl-Hofer-Schule

Feb 2015

Blind durch das Leben

Auf Ein­la­dung von Frau Bus­ath, Reli­gi­ons­leh­re­rin an der Carl-Hofer-Schu­le, hielt Gabrie­le Becker, die auf­grund einer Erkran­kung seit dem zwan­zigs­ten Lebens­jahr erblin­det ist, einen Vor­trag in der Land­schafts­gärt­ner­klas­se L2GL2T. Bei dem Vor­trag gab sie den Schü­lern Ein­blick in das Leben eines Blin­den. Sie kam in Beglei­tung des Foto­gra­fen Mat­thi­as Trenn, der eine Fotorei­he über sie erstellt.

Frau Becker berich­te­te sowohl von ihrem Leben vor der Erkran­kung als auch von ihrem Leben danach: Sie mach­te eine Leh­re als Erzie­he­rin, hei­ra­te­te und hat eine Toch­ter. Nach­dem sie mit Mit­te 20 eine plötz­li­che Netz­haut­er­kran­kung bekom­men hat­te, wur­de sie von ihrem dama­li­gen Mann ver­las­sen. Zu die­sem Zeit­punkt besaß sie noch 20 % ihrer Seh­kraft, die ihr bei­spiels­wei­se das Lesen inner­halb eines Rau­mes ermög­lich­te. Davon kann sie jetzt nur noch träu­men, denn nun kann sie nur noch 1 % sehen. Dadurch kann sie nur noch sel­ten Licht­ver­hält­nis­se wahr­neh­men. So war es, laut ihrer Aus­sa­ge, auch im Klas­sen­raum der Fall.

Sie ist seit Lan­gem ehren­amt­lich tätig: Im Jah­re 2005 hat sie eine Selbst­hil­fe­grup­pe für Blin­de gegrün­det, die jetzt schon über 40 Mit­glie­der hat. Dabei unter­stützt sie vor allem, wie sie berich­te­te, neu Erkrank­te. Neben­bei bie­tet sie Schu­lun­gen für Mit­glie­der des Deut­schen Roten Kreu­zes an, um die­se genau­er zu unter­rich­ten, wie man Blin­de unter­stüt­zen kann.

Über­wie­gend stell­te sie in ihrem Vor­trag den Schü­lern der Gärt­ner­klas­se die Situa­ti­on eines Blin­den in der heu­ti­gen Gesell­schaft dar. Sie erklär­te, dass 80 % der Sin­nes­ein­drü­cke durch das Seh­or­gan erfasst wer­den. Somit feh­len also bei Frau Becker 79 %. Dar­um muss sie sich außer­halb des Hau­ses mit einem Blin­den­stock ori­en­tie­ren. Sie erzähl­te, dass dafür ein Ori­en­tie­rungs­trai­ning von­nö­ten gewe­sen sei. Alle all­täg­li­chen Hand­grif­fe muss­te sie von Grund auf neu lernen.

Da die Schul­klas­se mit ihrer Reli­gi­ons­leh­re­rin das The­ma „Träu­me“ behan­del­te, hat­ten sie die Auf­ga­be, Frau Becker zu fra­gen, wie Blin­de träu­men wür­den. Als Ant­wort gab sie bekannt, dass dies davon abhän­gig sei, ob der/die Blin­de von Geburt auf oder erst spä­ter erblin­det ist. Wäh­rend Blin­de, die schon ein­mal sehen konn­ten, es auf die­sel­be Wei­se wie jeder Durch­schnitt­li­che tun, träu­men von Geburt an Erblin­de­te nur von Gefüh­len und Begeg­nun­gen mit Menschen. 

Zusätz­lich soll­ten die Schü­ler Frau Becker zu ihrem aktu­el­len Pro­jekt Fra­gen stel­len. Bei die­sem Pro­jekt han­delt es sich um eine Neu­ge­stal­tung des Vor­gar­tens vor dem Alters­heim in Rhein­stet­ten. Für die Gestal­tung des Vor­gar­tens über­neh­men die Schü­ler Pla­nung und Umset­zung in Beglei­tung der Leh­rer selbst in die Hand. Frau Becker war bereit, den Schü­lern Tipps zu geben, wie der Gar­ten am bes­ten für die unter Seh­schwä­che lei­den­den Pati­en­ten gestal­tet wer­den müs­se. Wich­tig wäre dabei dar­auf zu ach­ten, dass die Insas­sen sich gut ori­en­tie­ren kön­nen. Duf­ten­de und farb­in­ten­si­ve Blu­men, sowie ebe­ne Wege mit einer Kan­te zum Rasen soll­ten dies gewähr­leis­ten. Natür­lich soll­ten die Pflan­zen kei­ne gif­ti­gen Bestand­tei­le vor­wei­sen, denn für Blin­de sei es wich­tig zu tas­ten, zu füh­len und zu riechen.

Der Vor­trag war sehr bewe­gend und hat die Schü­ler der Klas­se L2GL2T zum Nach­den­ken gebracht. 

Micha Bur­ger L2GL2