Bien­tôt la liber­té nous reviendra

Dez 2019

Frei­heit – so nah, so fern

So lau­tet das Mot­to der fran­zö­sisch-deut­schen Wan­der­aus­stel­lung, die die Geschich­te des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Natz­wei­ler-Strut­hof im Elsass aufarbeitet.

75 Jah­re ist es her, dass das KZ Ausch­witz am 27. Janu­ar 1945 befreit wur­de. Noch kurz vor­her hat­te die SS Häft­lin­ge auf den Todes­marsch nach Wes­ten geschickt. Obwohl Ausch­witz, als eines der größ­ten Lager, in unse­rem kol­lek­ti­ven Gedächt­nis fest ver­an­kert ist, gab es KZs in fast ganz Euro­pa. Gera­de mal ein­ein­halb Stun­den von Karls­ru­he ent­fernt wur­de 1941 das Lager Natz­wei­ler-Strut­hof im damals annek­tier­ten Elsass errich­tet. Zu dem Kom­plex gehör­ten noch etwa 70 Außen­la­ger, auch im heu­ti­gen Baden-Würt­tem­berg. Natz­wei­ler-Strut­hof dien­te als Arbeits­la­ger und wur­de für medi­zi­ni­sche Expe­ri­men­te genutzt. Dort sind fast 22.000 Men­schen den Natio­nal­so­zia­lis­ten zum Opfer gefallen. 

Quel­le: Web­site KZ Natzweiler

Wir hol­ten die Aus­stel­lung über das KZ an unse­re Schu­le. Auf groß­for­ma­ti­gen Roll-Ups konn­ten sich Schü­ler und Leh­rer ein Bild über die Geschich­te des Lagers und über ein­zel­ne Per­so­nen, die dort inhaf­tiert waren, machen.

Aber war­um besuch­ten wir nicht selbst die so nah gele­ge­ne Gedenk­stät­te? Am 4. Dezem­ber 2019 fuh­ren wir also mit drei Bus­sen, 133 Schü­lern und 12 Leh­rern dort­hin. So konn­ten wir Ver­gan­gen­heit ganz nah erle­ben – an einem Ort, an dem Men­schen gequält wur­den und gestor­ben sind. 

Emp­fan­gen wur­den wir am modern gestal­te­ten Euro­päi­schen Zen­trum, wo die Besu­cher einen ers­ten Ein­druck durch einen Film über das KZ bekom­men. Eine Vor­stel­lung von der Grau­sam­keit des Lagers und des KZ-Sys­tems erhält man erst, wenn das Tor zur eigent­li­chen Anla­ge durch­quert wird: Sta­chel­draht, Wehr­tür­me, Käl­te. Eine Bara­cke, die zu einem Muse­um umge­baut wur­de, gibt Zeug­nis, was die Gefan­ge­nen erlei­den muss­ten. Der ein­zi­ge Weg aus die­sem KZ war der Tod. Das wuss­ten die Depor­tier­ten. Hun­ger war All­tag. Trotz all die­ser Zeug­nis­se aus der Ver­gan­gen­heit kann man sich das Leid nur schwer aus­ma­len. Die Anla­ge ist heu­te sau­ber und nüch­tern anzu­se­hen, das Grau­en lau­ert hin­ter die­sem ers­ten Ein­druck: der Gal­gen, der noch steht, ein Bock, der zum Aus­peit­schen der Gefan­ge­nen dien­te, die Urnen, die noch zu fin­den sind, die Lager- und Schlaf­ba­ra­cken, das Kre­ma­to­ri­um und die Gas­kam­mern. Und drau­ßen vor dem Lager die adret­te Vil­la des Kommandanten.

Ver­gan­gen­heit nicht fern, son­dern ganz nah erle­ben konn­ten wir beson­ders, als Herr Ger­ber eine Gedenk­mi­nu­te mit Schü­lern und Leh­rern hielt und ein Gesteck, das die Flo­ris­tik­ab­tei­lung gestal­tet hat­te, niederlegte.

Ina Reh­wald